Arno Reinfrank

Arno-Reinfrank-Jugendpreis 2019

Emma Glück

Mensch und Maschine

Hand in Hand in die Zukunft

 

Es war ein ganz normaler Tag im Leben von Sarah. Sie war ein unscheinbares Mädchen mit schwarzen Locken und einer riesigen Brille. Sie war wirklich sehr schlau und sehr oft in der Bibliothek. Sie sah auch etwas komisch aus und wurde von den anderen Mädchen oft ausgelacht. Es war schrecklich für sie. Doch sie war sehr ehrgeizig und lernte fleißig. Ihr größtes Ziel war es, eine Zeitmaschine zu bauen. Sarah verbrachte viel Zeit zuhause und in der Schulbibliothek. Sie hatte keine Freunde an der Schule, aber das war ihr egal, denn sie hatte ihr Leben einem Ziel gewidmet. Sie musste eine Zeitmaschine erfinden, um so berühmt zu werden, dass sie ganz viele Freunde haben und keiner sie mehr auslachen würde.

Sie verbrachte viele Nächte in ihrem Zimmer und las. Sie sparte all ihr Taschengeld, und irgendwann kaufte sie mit dem Gesparten genug Baumaterial, um einen Roboter zu bauen. Dieser sollte ihr bei der Zeitmaschine helfen. Sie baute und programmierte ihn. Sie zog alle Daten und Infos, die sie finden konnte, auf die Festplatte des Roboters. Damit wurde er sozusagen allwissend.

Als er fertig war, schaltete sie den Roboter ein. Sie hatte panische Angst zu versagen, doch sie musste es versuchen. Sie drückte auf den Knopf, doch es passierte nichts. Sarah schob die Brille hoch und atmete tief ein. Die Maschine funktionierte nicht. Zumindest dachte sie es, als sie sich enttäuscht umdrehte.

Doch plötzlich sprach der Roboter!

„Sarah“, rief er, „du scheinst die emotionale Regung der Enttäuschung zu verspüren.“

Sarah klappte der Mund auf. „Du, du … Du funktionierst?“

„Das tue ich!“

Sarah freute sich sehr. Sie und der Roboter arbeiteten von nun an gemeinsam an der Zeitmaschine. Der Roboter sagte immer die Wahrheit. Immer. Und immer gerade heraus. Leider war es nicht immer schön. Aber es war gut, mit jemand anderem zu reden. Allemal besser als keine Freunde zu haben, fand Sarah.

Sie waren irgendwann endlich fertig mit der Zeitmaschine. Sarah und der Roboter traten hinein.

Die Maschine funktionierte so, dass eine neue Version von Sarah erschaffen wurde. Diese blieb an ihrer Stelle in der Zeit und Sarah landete mit dem Roboter in der Zukunft.

Die beiden Mädchen sahen sich an und sprachen gleichzeitig zueinander:

„Ich wusste, dass du das schaffst!“

„Ich, meine ich, oder wir!“

„Egal.“

„Ich freue mich.“

Die erwachsene Sarah wurde eine berühmte Professorin mit einem eigenen Labor. Der jüngeren Sarah klappte mal wieder der Mund auf.

Die Professorin lachte:

„Ich weiß noch, wie das ist. Na gut, aber jetzt zeigen wir der Welt meine, äh, deine …, unsere Erfindung!“

„Auf jeden Fall zeigen wir der Welt, dass die Erfindung funktioniert.“

Die Professorin Sarah, Sarah das Mädchen und der Roboter gingen hinaus.

Draußen hatte sich eine Menge Menschen versammelt und sogar ein roter Teppich wurde ausgerollt. Die Menge kreischte und johlte.

Die beiden Sarahs freuten sich über die vielen Fans und dachten, sie hätten tausende neue Freunde. Ein Reporter führte ein Interview mit den beiden und fragte:

„Was hat euch dazu bewogen, eine Zeitmaschine zu bauen?“

„Wir wollten neue Freunde finden“, antworteten die beiden Sarahs im Chor.

„Sie meinen Fans. Oder?“, fragte der Reporter. „Ich meine, sie mögen euch ja nicht wirklich.“

„Wie meinen Sie das?“, fragten die beiden gleichzeitig.

„Nun ja“, sprach der Reporter, „also, ihre Fans sind die, aber ihre Freunde???“

Darüber dachten die beiden nach.

Sie mussten merken, dass sie wirklich keine Freunde durch ihre Erfindung gewonnen hatten. Für die ältere Version von Sarah war es nicht mehr möglich, ein normales Leben zu leben. Die jüngere Sarah ging unter einem Decknamen auf eine gewöhnliche Schule und versuchte, so zu leben, wie alle anderen.

Die verlorenen Jahre würde sie nicht zurück bekommen, aber alles was zählt ist nicht die Zukunft oder die Vergangenheit. Alles was zählt ist die Gegenwart.

Und der Roboter war immer noch da.

 

 

Emma Glück