Die Poesie der Fakten

Beispiele einer "Sachlyrik"

Wie alle Kunstgattungen wurde die Poesie von der Ersten Industriellen Revolution überrascht, und zwar in dem Maße, wie die Autoren sich von den neuen industriellen, technologischen und wissenschaftlich bedingten Fakten überrascht und auch gepeinigt fühlten. Zwar gibt es sehr frühe Versuche, Maschinen im Gedicht auftreten zu lassen. Die Umstellung der Industrie auf Dampfkraft verführte Dichter bereits zu Anfang des I8. Jahrhunderts, ihr an der antiken Klassik geschultes Vokabular zur Beschreibung der Neuerungen im menschlichen Produktionsprozeß anzuwenden. Aber die Ergebnisse blieben nicht frei von Komik. So entstand 1754 ein beschreibendes Gedicht, an zwei Damen gerichtet, die von der Besichtigung der Kohlengruben in Cumberland zurückkehrten. Über die Dampfpumpen heißt es dort: Zur Stadt hin pumpen sie den Wasserstrom / bewahren Kohlenschächte vor der Flut / Oh, neben diesen Werken, Rom / sind deine Aquädukte nur noch halb so gut!

 

Während das Erlebnis einer Eisenbahnfahrt, der Aufenthalt auf einem Dampfschiff nicht gar zu selten in der zeitgenössischen Poesie auftauchten, sucht man heute schon viel angestrengter nach Gedichten, die sich mit dem Erlebnis eines Fluges, mit der Raumfahrt, mit der modernen Technologie überhaupt metaphorisch oder thematisch befassen.Statt dessen kennt man als Reaktion auf die Industrialisierung Europas und der Welt eine Fülle von Gefühlsäußerungen, die sich als schmerzgequält bis zur Paranoik darbieten. Die Dichter verstehen sich als Geschlagene und entwerfen ein Bild von sich, die sie leiden, als das Bild einer leidenden Welt. Und dies, obgleich uns die wissenschaftlichen Erfindungen und ihre Auswertung durch die Industrie, ihre Produktverteilung mittels hochgradig entwickelter Verteilernetze doch weitaus leidloser leben machen sollten als die Menschen vergangener Generationen.

Es fehlt heute eine Poesie, ...