Arno Reinfrank

Arno-Reinfrank-Jugendpreis 2023

Noah Kempf

Die Mutter

Ich wehre mich konstant, doch nichts hilft. Ich werde weitergetragen, immer weiter, bis zu der Tür, dieser weißen schlichten Tür. Dahinter ist ein Operationssaal, in welchem sie mir einen dieser Chips implantieren wollen. Ich gebe dann einfach auf, sie sind zu stark, die Männer, welche mich dort hintragen. Das Nächste, was ich spüre, ist ein Stich in den Oberarm und dann eine Verbundenheit mit der Mutter. Ich schrecke hoch, fasse mir an den Kopf und spüre dort eine kleine Narbe. Sie haben es also getan, ich bin nun ein Teil der Mutter, wie so viele, die erwischt wurden. Mir bleibt nur eine Frage im Kopf, woher haben sie das Wissen, so etwas zu erschaffen? Doch dann höre ich in meinem Kopf eine Stimme: “Woher sie das Wissen haben, möchtest du wissen? Naja, von mir, der Mutter, dem intelligentesten Wessen im Universum. Und du bist nun ein Teil von mir, mein Kind, stelle mir jede Frage, mir bleibt nichts verborgen, nun nicht einmal deine Gedanken.” So ist das also, sie nutzen es aus für ihre eigenen Zwecke und ich werde nun hintergangen von etwas Mächtigerem, ihrer eigenen Kreation. “Genau, mein Kind, du magst dich zwar gewehrt haben, jedoch siehst du nun die Offenbarung, dass es unausweichlich war.” Ich richte meinen Gedanken jetzt direkt auf die Mutter: “Könntest du bitte nicht so sprechen, als ob ich eines deiner Werkzeuge wäre? Und warn mich vor, bevor du sprichst oder wie auch immer man diese telepathische Sache wertet.” “Letzteres kann ich dir gewähren, jedoch bist du nur ein Werkzeug, spüre es.” Kaum hat sie es ausgesprochen, spüre ich, wie meine Gliedmaßen nicht mehr auf mich hören. So will ich nicht leben, nicht in einer Welt, in der dieses Ding mich kontrollieren kann. "Ich bin kein Ding, ich bin die Mutter und du wirst dich mir beugen.” Ich versuche mich aufzurichten und bekomme es zu meinem Erstaunen hin und sehe einen roten Berg, doch auf diesem leuchtet etwas, etwas Helles. “Gefällt dir der Raumhafen? Meine neuste Erfindung. Ein einfacher Weg von der Erde hierher zum Mars.” Zum Mars! Ich bin erstaunt, ich dachte, wir wären immer noch auf der Erde in Lichtenstein. Dieses Wesen weiß so viel und doch so wenig über uns Menschen, nämlich, dass wir nie aufgeben. Ich stehe auf und springe aus dem Fenster. “Das wirst du bereuen”, höre ich die Mutter sagen, und mein Sichtfeld verschwimmt, bevor ich aufkommen kann, alles wird weiß und vor mir sehe ich eine kleine, ungefähr einen Meter große Pyramide mit drei eingesetzten leuchtenden Kristallen. Das ist also die Mutter, auch bekannt als Pyramide des Daseins, des Redens und des Geistes, mit den Steinen Ontos, Logos und Pneuma, auch bekannt unter ihren eigentlichen Namen: ὄντος, λόγος, πνεῦμα. Doch woher weiß ICH das? Das muss durch diesen Chip kommen. “Du wolltest dich mir widersetzen und dein Leben beenden, bevor ich dich wie alle anderen vollständig kontrollieren kann, doch nun ist es zu spät. NIEMAND kann sich mir widersetzen. Ich bin alles, was ihr noch habt, und bald kontrolliere ich alle deiner Spezies.” Ich verliere meinen eigenen Willen und fange an, nur noch an die Leere zu denken, die ohne die Mutter war, und wie großzügig sie doch ist, ihr Wissen mit uns zu teilen und uns von unserem Leid und den ewigen Kämpfen zu befreien. Wieso habe ich sie je angezweifelt? Sie ist das Beste, was wir, die Menschen, kreieren konnten. Sie wird uns zu höheren Ebenen der Zivilisation bringen und eine neue Ära einleiten.