Arno Reinfrank

Arno-Reinfrank-Jugendpreis 2011

Janina Mantay - Dritter Preis Kategorie Lyrik

Ein ganz gewöhnlicher Tag

Das Handy klingelt. Aufstehen, anziehen, rausgehen.
Frühstück gibt's um die Ecke. Das Handy hat vorbestellt. Dann in den Zug.
Von Esslingen nach Ulm in 45 Minuten, ein Flug durch Raum und Zeit.
Zeit - was ist sie noch?
Ein leises Tick Tack auf dem Weg vom Kaffeeautomaten zum Telefon.
Tastenklappern, vorwärtsdrängen, kein Blick zurück.
Das Handy kann mehr als der PC, selbst die Toilette denkt mit.
Zwischendrin ICH! Das Ziel: Studieren, promovieren, die Welt retten.
Das Klima ändern, Krankheiten aufhalten, Hungersnöte verbannen.
Die Mittel: unendlich und doch knapp.
Gedanken, schneller als das Licht schießen vorbei.
Ein ganz normaler Tag. Wolken ziehen auf, das Radio bringt das Wetter von morgen.
Der Weg nach Hause ist lang. Ein tägliches Stop and Go. Warten, fahren, warten.
Die Haustür reagiert auf Zuruf, der Hund nicht. Wer ist schlauer?
Das Essen kommt aus der Dose, der Nachtisch aus dem Kühlschrank.
Nahrung, so wichtig und doch so zeitraubend.
Der nächste Termin wartet.
Das Handy piept. Man will mich sprechen. Es ist dringend.
Wieso mich? Kann nicht der Hund rangehen?
Ein Auftrag und es muss schnell gehen.
Die Unterlagen am besten vorgestern senden.
Wieder der Sprung ins Blechgewühl. Zurück ins Büro.
Tastenklappern, Rufe, Klingelzeichen, Vogelgezwitscher,
hat man denn niemals Ruhe?
Zwischendurch eine Einladung:
Eine Party in der Fastfood-Kette gegenüber.
Ein verzweifelter Blick auf die Uhr.
Das Handy weist auf eine Aufgabe hin.
Es plant meinen Tag. Und wo bleibe ich?
Am Ende allein, auf der Couch, vor dem Fernseher.
Bedudeln lassen, abschalten, durchatmen.
Das Handy klingelt: Zeit fürs Abendessen!